Was ist nordischer Schamanismus?
Nordischer Schamanismus Schamanismus

Was ist nordischer Schamanismus?

Nordischer Schamanismus – der Ruf der Geister, in wenigen Wochen erscheint mein Buch mit diesem Titel. Darum scheint es mir an der Zeit zu sein, darüber zu sprechen. Und zu erklären, was dieser nordische Schamanismus eigentlich ist.

Nordischer Schamanismus - das Buch

Was ist Schamanismus?

Aber was ist überhaupt Schamanismus? Worum geht es dabei?

Schamanismus ist eine spirituelle Praxis. Mithilfe von leichter Trance wird sich dabei mit der geistigen, unsichtbaren und beseelten Welt verbunden, um einen spürbaren Wandel zum Wohle in der sichtbaren Wirklichkeit zu bewirken.

Die Entwicklung des Begriffs

Der Begriff „Schamanismus“ entstammt zunächst der religionswissenschaftlichen und ethnologischen Forschung. Es wurde dem evenkischen, einer Sprache aus dem Kulturareal Sibiriens, entlehnt. Als šaman werden dort die spirituellen Experten und Geisterbeschwörer bezeichnet. Die Übersetzung von šaman ist nicht ganz klar. Vermutet wird, dass es soviel wie „der Erhitzte“ oder „der Wissende“ bedeutet.
In der archäologischen, ethnologischen, religionswissenschaftlichen und psychologischen Forschung wird unter Schamanismus aber ein Kultur- und Zeit übergreifendes Phänomen verstanden, bei dem durch spirituelle Praxis ein Kontakt zur Geisterwelt hergestellt wird. Die Schamanen sind die Experten dafür und nehmen eine Vermittlerrolle zwischen geistiger Welt und materieller Welt ein.
Daher haben wir nicht den einen Schamanismus, sondern viele verschiedene Schamanismen.

Burjaten-Schamane mit Trommel im Zeremonialgewand (1904)
Burjaten-Schamane aus dem Kulturareal Sibirien mit Trommel im Zeremonialgewand (1904)

Viele Schamanismen statt einem Schamanismus

Es gibt die vielen Schamanismen indigener Kulturen überall auf der Welt. Sie unterscheiden sich in der konkreten Praxis, in ihren Regeln und Methoden, in den Mythen und Geschichten, die sie erzählen. Viele dieser Unterschiede ergeben sich einfach aus den unterschiedlichen Bedingungen, unter denen die Menschen regional leben. Die Bedürfnisse, Erfahrungen und Beobachtungen von Menschen in der Steppe sind andere als die der Menschen in tropischen Regenwäldern, im Gebirge oder am Meer. Ihre Geistwelt und ihre Kulturen unterscheiden sich drastisch.

Prähistorische Schamanismen

Auch in der Archäologie wird von verschiedenen prähistorischen Schamanismen ausgegangen. Diese weisen zwar Ähnlichkeiten mit noch vorhandenen Schamanismen auf, sind ihnen aber selbstverständlich nicht gleich.
So gilt u.a. eine 9000 Jahre alte Bestattung aus Mitteldeutschland als das Grab einer Schamanin.

Auch noch ältere, archäologische Funde wie Darstellungen in der frankokantabrischen Höhlenkunst oder die kleine Figur des Löwenmenschen aus dem Lonetal gelten als Indizien für einen frühzeitlichen Schamanismus.

Glaner Braut

Was haben all diese Schamanismen, durch Zeit und Raum, gemeinsam?

Meinem Verständnis nach haben alle diese Schamanismen gewisse Punkte gemeinsam.

  • Absichtlich herbeigeführte und willentliche Veränderung des Bewusstseinszustandes zur schamanischen Trance.
  • Ein Konzept von einer mit Geistern beseelten Welt.
  • Kontakt mit diesen Geistern und Visionen von diesen.
  • Seelenflug ins Jenseits und in andere unsichtbare Welten.
  • Rituelle Heilungen und ein Wandel zum Wohle mit Hilfe von Geisterkontakt und Wandeln zwischen den Welten.

Wie kommt es zu diesen Gemeinsamkeiten?

Religionsforscher konnten belegen das Kinder, auch ohne religiöse oder spirituelle Beeinflussung ganz intuitiv an so etwas wie eine Seele, ein Fortbestehen dieser Seele und an transzendente Wesen glauben.
Zusammen mit der Entwicklung bestimmter Hirnareale des Menschen, entstanden auch erste Bestattungssitten und wohl die Frage nach dem Sinn des Lebens, dem woher und dem wohin.
Es scheint uns allen die Fähigkeit innezuwohnen neben der materiellen Welt auch eine spirituelle, geistige Welt zu spüren, in uns selbst aber vor allem auch in der Welt, die uns umgibt.

Ein Sinn für die Beseeltheit der Welt

Wir sind natürlicherweise gleichzeitig materielle und spirituelle Wesen. Mit unserem Sinn für die eigene Seele und Beseeltheit spüren wir aber nicht nur uns selbst, sondern auch die Seele in der Natur. Wir spüren die Seele in den Tieren, erkennen sie als unsere Verwandten. In den Bäumen, Blumen und Kräutern können wir sie wahrnehmen, aber auch in der unbelebten Natur. So fühlen wir den Wind nicht nur auf der Haut, sondern auch in unserer Seele und in unserem Herzen. Der Winter erscheint dann nicht nur als Jahreszeit, sondern schnell auch personifiziert vielleicht als Väterchen Frost oder als grauhaarige, alte Mutter.

Wald in der Nähe von Bremen

Ein ganz natürliches Weltbild

Die Menschen haben sicher früh herausgefunden das sich durch bestimmte Tätigkeiten die Fähigkeit, diese unsichtbaren Welten und Geistwesen wahrzunehmen, noch erhöhen lies. Durch Trommeln, Gesänge, Atemtechniken, Substanzen, Tänze, gleichförmiges Tun, Einsamkeit, Meeresrauschen oder Blätterrascheln ließ sich der Bewusstseinszustand ändern. In diesem veränderten Zustand konnten die Menschen ohne ihre Körper in die nicht materiellen und unsichtbaren Wirklichkeiten reisen. Sie erhielten Kontakt zu Geistern, Göttern und Ahnen und wandelten mit deren Hilfe zum Wohle. Die Geistreisenden fanden so heraus wo die großen Herden entlangziehen oder baten die Mutter oder den Herren der Tiere um Jagdglück, die Geister der Erde um gute Ernte und Frieden. Und sie geleiteten ihre Verstorbenen ins Jenseits. Sie erlebten auch Krankheiten als beseelt und erhielten Hilfe gegen die Krankheitsgeister von Ahnen, Göttern, Geistern, von Pflanzen- und Landgeistern.

Das schamanische Weltbild von einer ganz und gar beseelten Welt scheint mir das natürlichste Weltbild von allen zu sein. Es entspricht unserer menschlichen Natur und es erklärt, warum wir überall und in allen Religionen und Weltanschauungen der Welt Reste weit älterer, schamanischer Weltbilder finden.

Island, Brúarfoss

Wie kommt es zu den Unterschieden?

Obwohl Menschen überall auf der Welt Schamanismen entwickelten sind diese nicht gleich. Sie sind angepasst und geprägt von Land und Leuten. Vom Klima das sie umgibt aber auch von kultureller Entwicklung, von gesellschaftlichen Werten, Sitten und Gebräuchen. Seefahrer und Fischer begegnen anderen Geistwesen und Herausforderungen als Wald- oder Wüstenbewohner. Mit der Sesshaftigkeit, der Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht entstehen wieder neue Bedürfnisse, neue Geister werden wichtig und neues Wissen notwendig. Die Entwicklung der Religionen und Weltanschauungen ist leider nicht immer nur von den Bedürfnissen einer Gesellschaft geprägt, oder von unserer natürlichen Wahrnehmung der unsichtbaren Welten, sondern oft genug auch von politischen oder wirtschaftlichen Machtinteressen. Denn natürlich sind wir nicht nur spirituelle Wesen, sondern auch materielle, denen es vor allem ums Überleben geht.

Stetiger Wandel

Gesellschaften und ihre Regeln unterliegen einem stetigen Wandel und eine tragfähige Spiritualität bildet diesen Wandel ab, ohne dabei beliebig zu werden.

Dieser stetige Wandel und die Unterschiede in den Umweltbedingungen, sind meiner Überzeugung nach, auch die Gründe warum es nur ein Anfang sein kann in die Schamanismen aus anderen Zeiten und Weltgegenden zu schauen. Um tatsächlich einen Wandel zum Wohle und eine geistige Verbindung mit der uns umgebenden Welt zu erreichen braucht es den passenden Schamanismus und nicht irgendeinen.
Welcher schamanische Pfad zu wem passt ist sehr individuell und daher darf und muss jeder der sich für Schamanismen interessiert dies für sich selbst herausfinden.
Folge dabei Deiner Intuition.

Was ist nordischer Schamanismus?

Ich möchte damit beginnen zu sagen, was er nicht ist.
Nordischer Schamanismus ist kein sibirischer Schamanismus und auch kein historischer, uralter Schamanismus, der uns in ungebrochener Linie erhalten geblieben ist.
Er ist auch kein Religionsreenactment, bei dem es darum geht möglichst originalgetreu, alte Sitten und Gebräuche nachzustellen.

Lebendiger, zeitgemäßer Schamanismus

Der nordische Schamanismus, den ich meine, ist ein lebendiger, zeitgemäßer und heimischer Schamanismus.
Entstanden in der heutigen Zeit, aber mit kraftvollen Wurzeln in den alten Mythen und Überlieferungen.

Nordische Schamanin

Was gehört dazu?

Die großen Erzählungen des Nordens, die Eddas, spielen dabei eine Rolle denn sie enthalten, entsprechend gelesen und verstanden, einen Schatz an altem Wissen, der heutigen schamanisch Wirkenden helfen kann einen eigenen Weg zu finden.
Es gehören Erkenntnisse aus Archäologie und Sprachwissenschaft dazu. Welche Reste haben wir noch in unserer Kultur, die Überbleibsel eines regionalen Schamanismus sind? Und wie kann man diese heute nutzen?
Wir kennen sie noch, die Märchen von Frau Holle, Dornröschen, die Geschichten vom Bärenhäuter und Rübezahl. Geschichten, die uns anleiten können unsere eigene, Heimische und hier verwurzelte Spiritualität zu finden. Es gibt sie noch die alten Sprüche zum Austreiben von Krankheiten und dem Fortschicken der Warzen. Wir kennen noch manches Wort und manchen Zauber, der beim Sammeln der Kräuter gesprochen oder zum Wenden der Not genutzt wird.

Ganz offen und dennoch verborgen

Wer kennt nicht Sigurd, den Drachentöter und seine Walküre? Aber wer weiß noch das diese Walküre ihren Helden unterwies, in allerlei Zauber und im Gebrauch der Runen? Wieso haben Zauberer und Hexen eigentlich Stäbe? Und wie werden diese benutzt? Was hat es mit den magischen Zahlen drei und neun auf sich? Wer sind die Nornen? All das ist Teil eines nordischen, europäischen schamanischen Weges.

Die Gemeinsamkeiten mit dem Individuellem verbinden

Wie bei allen Schamanismen gehört auch zum nordischen Schamanismus der Seelenflug in die Anderswelt, der Blick über den Zaun sowie die Begegnung mit Göttern, Geistern und Ahnen.
Er verbindet uns dadurch mit der Landschaft, die uns umgibt, mit den Pflanzen die vor unserer Tür wachsen, mit den Tieren die hier leben und mit den Mythen die erzählt werden.
Er verknüpft die alten Geschichten, die Märchen, die Geschichten von Wesen, Elfen und Zaubern neu und lässt uns an ihnen teilhaben. Nicht als Zuschauer, sondern als Erlebende. Nicht zur Unterhaltung, sondern um wahrhaftig Wirklichkeit zum Wohle zu wandeln. So werden wir ein lebendiger Teil des Mythos und erleben spürbar welche Kräfte in uns selbst stecken.
Wir begegnen den Kräften der Runen, den Nornen, den Göttern und den Fylgjur, den Schutzgeistern der nordischen Mythen.

bei Elgol

Ein Weg zu Selbstermächtigung und selbstverantwortlicher Spiritualität

Viele der alten Mythen, der Sagas und der Geschichten in der Edda haben meinem Empfinden nach, einen schamanisch-animistischen Kern. Jenseits von üblicher Lesart verbirgt sich hier Weisheit und Erkenntnis.
Eine kraftvolle Lehre die man erfahren kann im Seelenflug und die sich auch im ganz alltäglichen Leben entfalten kann.
Wir erinnern uns dabei wieder an die Kraft des Neunholzes, an die Landgeister, die Seelenklänge und die heiligen Feuer.
Wir trinken von den Mythen wie aus dem Kessel der Erkenntnis, um zu wachsen und um klug zu werden. Um einen individuellen und tragfähigen spirituellen Pfad zu gehen.
Der uns letztlich zu uns selbst und unserer eigenen Kraft führt. Hin zu Selbstermächtigung und selbstverantwortlicher Spiritualität.

Selbst diesen Pfad gehen?

Falls ich Dich jetzt auf den Geschmack gebracht habe, möchte ich Dich einladen mein Buch: Nordischer Schamanismus – der Ruf der Geister, zu lesen, dass im September im Freya – Verlag erscheint.
Und natürlich bist Du mir auch herzlich in meinem Kurs zum Erlernen und Erleben des nordischen Schamanismus willkommen.

Nordischer Schamanismus – Zaunreiten – Der Basiskurs:

Weitere Quellen und Literaturhinweise:

Literatur:
Links:

Die Schamanin von Bad Dürrenberg: https://www.landesmuseum-vorgeschichte.de/dauerausstellung/menschenwechsel/die-schamanin-von-bad-duerrenberg.html

Mehr zu den sibirischen Schamanismen: https://de.wikipedia.org/wiki/Schamanismus#Der_klassisch_sibirische_Schamanismus

Schamanismus-Artikel auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Schamanismus

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1 Kommentar

  1. […] Weg ist der nordische Schamanismus. Zu diesem gehört als wichtigste geistige Verbündete die Fylgja. Die Fylgja ist ein […]

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